HAZ: Unsere „Powerfrau“ Frauke auf dem Weg zu Olympia

Von Stefan Dinse
Frauke Hundeling hätte jetzt noch bei der Ernte helfen können auf dem Bauernhof ihrer Eltern in Bramsche. Oder beim Maishäckseln, das nun ansteht und nach dem es ein Fest gibt. Die Ruderin vom DRC Hannover hat zudem einen Traktor-Führerschein und packt gern mit an. Aber jetzt braucht sie ganz dringend eine Pause nach der Weltmeisterschaft in Belgrad. Sie will abschalten und in den Urlaub. Den kann sie erleichtert antreten, mit dem Sieg im B-Finale hat der deutsche Doppelvierer das Ticket für Olympia 2024 in Paris gelöst. „Darauf können wir uns mit voller Kraft vorbereiten“, sagt die Polizeikommissarin.

Beim gemeinsamen Empfang von DRC und Hannoverschem RC war die 28-Jährige eine gefragte Gesprächspartnerin. Immer wieder berichtete sie von der nervenaufreibenden WM mit dem Missgeschick im Halbfinale, das dem Quartett den Endlauf kostete. Bei viel Wind hatte der kurzfristig umbesetzte technische Probleme, sogar ein Skull ging zwischenzeitlich verloren. „Man muss aber schon sagen, dass unser B-Finale richtig stark war und wir dem Druck gut standgehalten haben“, so Hundeling.

Die ersten Olympischen Spiele für Hundeling

Mit diesem Quotenplatz im Doppelvierer für Paris bleibt dem deutschen Paradeboot der Frauen die Nach-Qualifikationsregatta in Luzern im nächsten Frühjahr erspart. „Das braucht echt keiner. Ein Rennen, nur zwei Boote schaffen es, da kann so viel passieren“, sagte Hundeling. Vor drei Jahren war die deutsche Crew im Riemen-Achter mit ihr und Marie-Cathérine Arnold vom HRC (sie hat ihre Karriere beendet) in der Nach-Qualifikation gescheitert. Es werden also die ersten Spiele sein für Hundeling. Dass sie dabei sein wird in dem Boot, auf das der deutsche Ruder-Verband so viel Hoffnung setzt und das er besonders stark machen will, gilt als fast sicher. „Frauke dürfte zu 99 Prozent im Vierer sitzen“, bekräftigte Thorsten Zimmer, Trainer am Bundesstützpunkt Hannover.

Hundeling (Foto oben 2.v.l.) wohnt in Berlin-Charlottenburg und trainiert in der Hauptstadt, wo die deutsche Ruderflotte ihr Trainingszentrum hat. Zwar hat sie zudem eine Wohnung in Hannovers Südstadt, oft ist sie hier aber nicht mehr. Die Sportfördergruppe der Polizei Niedersachsen hat sie vom Dienst in Hannovers Nordstadt freigestellt. „Das fehlt mir schon, die Arbeit bei der Polizei gibt mir viel, das ist das echte Leben außerhalb des Sports“, so Hundeling. Ihr blute das Herz, wenn sie einen Polizeiwagen mit Blaulicht vorbeifahren sehe und nicht eingreifen kann, „auch wenn das schon mal brenzlige Situationen gibt. Aber ich trage gern die Verantwortung.“

Für den Polizeidienst in der Nordstadt ist momentan keine Zeit

Nicht nur der Dienst in der Nordstadt, auch der Kontakt zur Familie und den drei älteren Brüdern kommt zu kurz, das weiß die Frau aus dem „Maschinenraum“ des Vierers. Wichtige Feste werden auf die „ein bis zwei Termine gelegt, die ich in einem halben Jahr anbieten kann“, so Hundeling. „Aber es geht um Olympia, da bin ich eben sehr viel unterwegs. Und wenn ich etwas mache, dann richtig.“ Schon als Kind wollte sie auf dem elterlichen Hof mit raus, „ich wollte alles machen und bei allem helfen“. Es ist aber nicht so, dass Hundeling nur kräftig anpacken oder sich bei Gefahr zu behaupten vermag, sie beherrscht gleichsam sanfte Töne. Mit einer Tablet-App bringt die Powerfrau und begeisterte Konzertgängerin sich daheim am E-Piano das Klavierspielen bei. „Für Elise“ sitzt schon, sagt sie.

Aber richtig in die Tasten hauen will sie für Olympia, für den großen Traum. Der Doppelvierer soll eine Medaille holen, er wird zum stärksten Boot gemacht. „Nichts ist ausgeschlossen“, betont Frauke Hundeling (Foto oben: Mitte). Nicht einmal, dass Paris nur einer von mehreren Höhepunkten ihrer Laufbahn wird. „Rudern kann man, bis man 40 ist. Ich habe die Leidenschaft, da kann noch viel kommen.“

Text: Hannoversche Allgemeine Zeitung/Neue Presse vom 19.9.23
Fotos: Held, Detlev Seyb (3)

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