Warum Sarasota einfach „great“ ist

Tracy begrüßt alle freundlich mit einem „kann ich Ihnen helfen?“, und danach sind wir gleich amerikanisch beim „Du“, also beim Vornamen. Tracy ist Volunteer, freiwillige Helferin, bei den Ruder-Weltmeisterschaften. Tracy ist 46 Jahre alt und eine von fast 3.000 Volunteers. Tracy findet Rudern „amazing“, dasselbe gilt für die WM selbst, dass ich aus „Germany“ komme und das gilt auch für die quirlige Atmosphäre im Treffpunkt Medienzentrum. Schnell merke ich: Alles ist für Tracy irgendwie „amazing“, „great“ oder „outstanding“. Für Tracy ist es „selbstverständlich“ freiwillig bei der WM zu arbeiten. Das hat sie schon öfter getan bei anderem großen „öffentlichen“ oder caritativen Veranstaltungen in Sarasota. Tracy sagt das „selbstverständlich“ mit einem breiten Lächeln und ich merke: Tracy ist als Freiwilige mit dem Herzen ganz dabei. Und mit ein bisschen Stolz darauf, was das Organisationsteam in Sarasota auf die Beine gestellt hat.

WM der Superlative

Um ehrlich zu sein: viel Ahnung vom Rudern hat Tracy nicht. Der Unterschied zwischen Vierer und Doppelvierer? Tracy hat keinen blassen Schimmer. Gerudert hat sie nie. Sie surft gern und fährt Mountainbike. Aber das fehlende Fachwissen macht sie wett mit Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft. Und damit liegt sie im Trend der meisten Volunteers. Und die haben ein Mammut-Austragungsort zu betreuen. Die Ausmaße riesig, die Wege lang, der Aufwand enorm. Die erste WM in den USA seit 23 Jahren. In Sarasota wurde „geklotzt“, alles ist „big“, viel „bigger“ als bei allen Weltmeisterschaften der vergangenen Jahre zurvor. Der neue Zielturm mit sechs Stockwerken ist das höchste Gebäude im Umkreis von mindestens 10 Meilen, 22 Millionen wurde in die Neu-Anlage der Grünflächen und der Regattastrecke gesteckt, der Nathan Benderson Park ist die modernste „men-made“ Wasserboot-Sportanlage Nordamerikas mit Kapazitäten bis zu 40.000 Zuschauer. Alle FISA-Vorgaben werden erfüllt: 9 Ruderbahnen, separates cool-down-Becken, warm-up-Bahn. Kanu, Drachenboot, Motorbootsport – alles ist möglich in Sarasota.

Blick vom Zielturm auf die Strecke


Begeisterung in der ganzen Region

Vom schier unüberschaubar großen Parkplatz werde ich mit einem Golf-Caddy über das WM-Veranstaltungsgelände gefahren: das Athletendorf und der „Hospitality“-Bereich bilden eine riesige Zeltstadt, alle Sponsoren und namhafte Unternehmen aus der Region sind da mit großen Verkaufsständen. Nanu, sogar „Tesla“, der aufstrebende Elektro-Autohersteller stellt aus. Dann der Foodcourt – ein Eldorado für Liebhaber der amerikanischen Küche. Abwechslungsreich von fettig bis gesund; alles, was schmeckt. Der Cappuccino köstlich – und im Halbliterbecher. Und auch die Hamburger sind natürlich „big“, Tracy sagt das Essen sei „amazing good“ und ein eiskaltes „Bud“ aus dem überdimensionalen „Bud-Truck“ dazu darf nicht fehlen. Aber nicht nur direkt an der Strecke ist die Begeisterung zu spüren, sondern in der ganzen Stadt – ob im Hotel, ob am Golf-Strand Lido Beach oder beim Einkauf – überall weisen große Plakate und Bildschirme an vielen Kreuzungen und in den Malls auf die WM hin. Die Werbemaschinerie hat funktioniert: Radiospots, Fersehberichte, überall freundliche Ansprache und alle, wirklich jede und jeder, den ich treffe, ob Kassiererin oder Tankwart, jeder will in den kommenden Tagen an die Strecke kommen. Der Rudersport ist hier in aller Munde.

Wer auf Emotionen setzt, gewinnt 

Schon am ersten Vorlauftag werden die US-Teams auf der Strecke angefeuert, als ginge es bereits um die Medaillen. Die einheimischen Fans sind da und freuen sich einfach herzlich, ehrlich und aufrichtig über das Geschehen auf dem Wasser und in und zwischen den Zelten. Tracy findet auch das „amazing“. Und als ich sie frage, wieso Rudern denn so populär zu sein scheint in West-Florida, guckt sie mich doch etwas verdutzt und fragend an. Rudern? Es gehe doch um Sport, das Event und schlicht darum, dass so viele Gäste aus so vielen Nationen da seien. Es gehe um das Gemeinschaftsgefühl. Und dass die Menschen in Florida, sie und so viele weitere Volunteers dabei gute Gastgeber sein dürften. Dies wecke bei ihr viele, viele positive Emotionen. So einfach sei das. Endlich habe ich verstanden.  „Tracy“, sage ich anerkennend, „you’re making the sport of Rowing great again!“.

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